FAVORIT | 2007
Schrankwandelemente, ca. 150 x 580 x 300 cm, Hotel van de Velde, Villa Dürckheim, Weimar, 2007 | Foto: Claus Bach
Die Installation Favorit spielt sowohl auf Architektur und Inneneinrichtung der von Henry van de Velde erbauten Villa Dürckheim an als auch auf deren facettenreiche Vergangenheit: 1912/13 für die Familie Dürckheim erbaut, in den 30er Jahren Eigentum eines Energiekonzerns, nach dem Krieg kurzzeitig von der Militärkommandantur der Roten Armee besetzt, später Sitz der Staatssicherheit der DDR.
Den Grundriss des ehemaligen Damenzimmers aufgreifend habe ich einen Raum im Raum gebaut. Zwischen den originalen Raumwänden und den Rückwänden der Installation tut sich ein etwa 80 cm breiter Gang auf, so dass die Installation von außen vollständig umrundet werden kann. Dabei sieht man im Gegensatz zu den nach innen gekehrten hochglänzenden Fassaden der Möbel, deren rohe Rückseiten, die sich unregelmäßig in den Raum stülpen. Betritt man Favorit, so findet man sich in einem vollständig mit Möbeln ausgekleideten Raum wieder, dessen Proportionen wie verzerrt wirken.
„Einen Raum im Raum bildet die Installation „Favorit“ von Inken Reinert. In gleichmäßigem Abstand zu den Wänden des ehemaligen Boudoirs errichtete Reinert aus einfachen Schrankwandelementen ein bis hoch zur Decke reichendes wandartiges Gefüge. Indem sie die sämtlich aus DDR-Produktion stammenden Möbelquader zu frei verfügbaren skulpturalen Bausteinen umfunktionierte und zu einer quasi-architektonischen Konstruktion übereinanderschichtete, entstand ein Erfahrungsraum, der den Betrachter vollständig umgibt und regelrecht umzingelt. Im nahsichtigen Panoramablick auf die Furnieroberflächen steigert sich diedarin aufgespeicherte spezifische Atmosphäre von DDR-Wohnkultur ins Hypertrophe. Etwas Befreiendes und auch Doppelbödiges liegt in der Geste, Möbelrelikte der DDR künstlerisch zu recyceln und zum Ausgangsmaterial einer spielerischen Neuinszenierung zu machen, zumal an diesem Ort. Durch die exakte, den Raum nachzeichnende Einfügung der Installation in den vorgegebenen Grundriss wirkt die Arbeit auch wie eine Reminiszenz an den Architekten des Hauses. In ihrer spiegelsymmetrischen Beziehung zum gegenüberliegenden Herrenzimmer, das von Van de Velde vollständig mit Einbaumöbeln ausgestaltet wurde, kann Inken Reinerts Installation auch als ironisches Spiel mit Van de Veldes innenarchitektonischen Konzepten gelesen werden.“ (Thomas von Taschitzki)